Hegels freie Wirklichkeiten: Über Notwendigkeit in Natur und Geist
Abstract
In diesem Artikel vertrete ich die These, dass man Natur und Geist anhand ihrer Entwicklungsmodi unterscheiden kann. Der Entwicklungsmodus der Natur ist für Hegel die einfach-kontinuierliche Entfaltung eines vorhandenen Bestands. Sie kann nicht wirklich auf ihre Bedingungen zugreifen, sondern schreibt sie blind fort. Der Geist entwickelt sich dagegen diskontinuierlich. Diese Diskontinuität ermöglicht dem Geist aber erst eine echte Verbindung mit seinen früheren Zuständen herzustellen, und darin liegt zugleich seine komplexere Kontinuität. Die Entwicklung des Geistes ist nicht einfach sprunghaft, sondern sprunghaft und kontinuierlich zugleich. Diese höhere Form ist für Hegel eine Entwicklung mit echter Notwendigkeit, im Unterschied zur Zufälligkeit der Natur. Nach meiner Interpretation kommt einem Prozess echte Notwendigkeit zu, wenn er die Offenheit einer Situation anerkennt und produktiv nutzen kann. Aus dieser Perspektive sind die pathologischen Naturalisierungen des Geistes nicht Blockade und Stillstand, wo Bewegung sein soll, sondern pathologisch ist der Geist dann, wenn er eine naturhafte, d.h. linear-kontinuierliche Entwicklung aufweist. Ein pathologischer subjektiver Geist lebt nicht einfach ohne Bewegung und Wachstum, sondern ist nicht fähig, aus der eigenen Geschichte heraus diese Geschichte mit echter Notwendigkeit fortzusetzen.
Keywords
Hegel, Science of Logic, Actuality, Modality, Necessity, History, Nature, Spirit